Eight Takes on the Cannes Lions 2023
OMD Germany
27 June 2023

 

Über die Cannes Lions und das Festival an sich muss man keine großen Worte verlieren. Wichtigster, internationaler Gradmesser für Kreativität. Mein Résumé: Bunt, laut, etwas drüber. Überwältigend, wahnsinnig viel Input und eine Woche Inspiration pur. Let’s dive right in.

„Creativity starts with asking questions.“ Dieser Satz begegnet einem eigentlich überall, wenn es um Ideen und die Geschichten hinter den großen, kreativen Arbeiten geht. Welchen Mehrwert bringt eine Marke? Warum sollten Menschen ein Produkt kaufen? Welche Probleme löst es für sie? Aus welchem Antrieb sollten sie sich mit Werbung beschäftigen?

Hier sind meine 8 wichtigsten Beobachtungen, Take Aways und Trends der Cannes Lions 2023 als Thought Starter für initiale Fragen.

 

 


Unternehmen, die sich nicht über den Sinn ihrer Marke respektive Produkte bewusst sind, ihn nicht verstanden haben und leben, können keine glaubwürdigen Antworten auf die zuvor genannten Fragen geben. Klare Kommunikation wird so unmöglich. Best Case: Die eigenen Mitarbeitenden haben den Brand Purpose nicht nur verstanden, sie leben ihn. Denn wenn die eigenen Mitarbeitenden Fans von deinem Produkt sind, hast du eigentlich schon gewonnen. „Live it before you launch it”, sagt Kellyn Smith Kenny, CMO von AT&T. Das gilt für Produkte ebenso wie für den Purpose einer Company. Das auf einen Satz herunterzubrechen, ist die Kunst.

Wie das bei AT&T aussieht, seht ihr hier: Connection Changes Everything

 


Natürlich kommt man auch in Cannes nicht um das Thema ‘gesellschaftlicher und ökologischer Purpose in der Werbung’ herum. Richtig so! Menschen erwarten von Marken, dass sie sich beispielsweise nachhaltig verhalten. Somit haben Marken (und damit auch die Werbung) den Auftrag, Ideen, die unsere Welt zu einem besseren Ort machen können, zum Leben zu erwecken. Darin steckt eine große Chance: Kreativität und Emotionen berühren Menschen, viel mehr als es mit rein rationalen Argumenten möglich wäre. Damit ergibt sich ein anderer Zugang. Wichtige Ideen und Ansätze können so mit Hilfe von Marketingbudgets viele erreichen und wirklich etwas zum Besseren bewegen. Wichtig dabei: Die Marke gehört in den Hintergrund, der Purpose in den Vordergrund. Es geht um langfristiges Commitment, darum, etwas zu bewegen. Um Ehrlichkeit, Transparenz und Authentizität. Dazu gehört auch, zuzugeben, wenn es noch Nachholbedarf gibt. Es liegt an uns, dass die Ideen nicht in unserer Bubble bleiben, sondern sie auf größere Bühnen zu heben.

Bestes Beispiel für mich ist Dove, die Brand Purpose und gesellschaftlichen Purpose in ihrer Positionierung vereinen und seit Jahren konsequent leben. Mit der Klammer ‘Let’s Change Beauty’ konnten bislang über 90 Millionen Mädchen weltweit erreicht werden. Der diesjährige Grand Prix Gewinner #TurnYourBack und der Gold Gewinner The Cost of Beauty sind weitere, mehr als gelungene Illustration dieses Prinzips.

 

 


Cases wie die Arbeiten von Dove zeigen, dass es vor allem auch darum geht, den Shift von Consumer Centricity hin zu Human Centricity zu leisten. Wir sprechen nicht mehr mit Personen, die kurzfristig betrachtet zum Kauf bewegt werden sollen. Sondern mit Menschen. Der ganzheitliche Blick liefert mehr Chancen für beide Seiten – für Marken vor allem im Sinne des Splits zwischen Aktivierung und Brand Building. Und für Brand Building ist kulturelle Relevanz wichtiger als je zuvor. Das ist jetzt keine neue Erkenntnis, allerdings wandelt sich mit neuen Plattformen und auch neuen Technologien maßgeblich, was kulturelle Relevanz ausmacht. Plattformen und Creator wissen hier nicht nur, was der ‘heiße Scheiß’ ist (kurzfristige Betrachtung), sondern haben das tiefste Verständnis für den Zeitgeist auf den jeweiligen Kanälen. Gemeinsam zu kulturell relevanten Lösungen zu kommen klingt gar nicht so schlecht, oder?

Welche Rolle Emotionen dabei spielen und wie man einen Moment kreieren kann, der selbst Kultur wird, zeigt die Marke John Lewis mit ihren Weihnachtskampagnen seit Jahren. Ein aktuelles Beispiel, wie ein einzigartiger kultureller Moment perfekt relevant und emotional genutzt werden kann, liefert PedidosYa mit der Arbeit „World Cup Delivery“.

 


‘When you do what’s logic, you end up in the same place as your competitor’. Dieser Satz fiel beim CMO Panel Talk mit Gatorade, Abbot, Discover und McDonald’s in unserem Omnicom Cove. Wenn alle dasselbe machen, bleibt nichts hängen. Welcome to the Sea of Sameness. Sprichwörtlich gegen den Strom schwimmen und Mut für ungewöhnliche Kommunikation sind auch 2023 für herausragende, kreative Ideen und Arbeiten gesetzt. Dazu gehört auch, hinter Trends wie (letztes Jahr) das Metaverse zu blicken, um nicht nur kurzfristig relevante Kampagnen zu kreieren. Oder, wie BBH schon 1982 für Levi’s kommunizierte: When the world zigs, zag.

 


Wir dürfen wieder lachen! Na endlich! Nach diversen Krisen (die noch nicht alle überstanden sind, aber dazu später mehr), haben wir dieses Jahr mehr Cases gesehen, die Humor ins Zentrum stellen. Werbung ist wieder mehr Unterhaltung – und das darf sie auch sein. Zwei Beispiele:

Werbung funktioniert noch immer sehr gut (oder: besser), wenn Menschen sie sich freiwillig angucken. Die Königsklasse ist dabei, wenn Werbung selbst zu Entertainment wird. Das zeigt vor allem der zweifache Grand Prix Gewinner Clash from the Past.

„We should be Vandals in Advertising” war ein Zitat, das ich zwischendurch aufgeschnappt habe, und was für mich den Nagel auf den Kopf trifft. Mutig sein. Grenzen ausdehnen. Humor ist dafür seit jeher ein willkommenes und vor allem vielfältiges Vehikel, liefert die Bandbreite von puren Jokes bis hin zu Provokation. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist We didn’t write this Campaign von NotMilk

 


Das war erwartbar. Künstliche Intelligenz und vor allem generative KI waren omnipräsent an der Croisette. Zum einen, weil KI die langerwartete „mass personalisation at scale“ ermöglicht – zum anderen, weil mit der passenden Kreation für den einzelnen „bedeutungsvollere Experiences zwischen Menschen und Marken“ geschaffen werden können. So weit so gut. Allerdings bedeuten unendliche Möglichkeiten und Contents nicht gleich unendliche Kreativität. Natürlich liegen die Vorteile von Geschwindigkeit und Skalierung auf der Hand. Am Ende sind wir aber gefragt, dem Content mittels menschlicher Kreativität etwas Leben einzuhauchen. Denn letztendlich sind es Emotionen, die überzeugen.

Bei all dem Hype darf man nicht vergessen: Generative KI steht im Gartner Hype Cycle noch relativ am Anfang. Es wird und muss noch viel passieren. Spannender Gedanke vom Microsoft Beach: „Try to break a system to understand the limits”. Aus Fehlern lernen. Logo. Einer dieser Fehler: Biases von generativer KI als Resultat von Verzerrungen, die bereits in den zugrundeliegenden Data Sets vorhanden sind. Damit verbunden die Forderung nach mehr Verantwortung, Leitplanken und entsprechende Datengrundlagen zu schaffen.

Ein Case, der einen Bias zur Grundlage hat und (unterhaltsam) ausnutzt? Heinz A.I. Ketchup.

 


Nachdem sich im letzten Jahr viele Arbeiten im Metaverse ausprobiert haben, gab es dieses Jahr kaum welche. Zu wenige Menschen, die das Metaverse für sich entdeckt haben? Yep. Bislang sind die Cases wohl eher Innovation um der Innovation Willens. Die Zielgruppe für NFT Sneaker zu überschaubar. Probleme für Konsument*innen und Marken lösen? Aktuell noch Fehlanzeige. Mit Blick auf den Gartner Hype Cycle 2022 verwundert das allerdings auch nicht: Echte Massentauglichkeit wird erst in 10+ Jahren prognostiziert. Bis dahin: „If you’re doing creativity for the sake of creativity, you’re in the wrong business”, sagt Marcel Marcondes, CMO von AB InBev. Couldn’t agree more.

Trotzdem gab es natürlich auch hier einen echten Winner, den Grand Prix der Titanium Lions, der sehr zukunftsgerichteten Kategorie: Tuvalu – The First Digital Nation

 


Ein letzter Punkt kommt von meinem Kollegen Mark Murray Jones: „I would have liked to have seen more genuine insights into the challenges consumers are facing right now. I don’t think I heard the cost-of-living crisis mentioned once. It felt like an obvious miss and something that’s very difficult to ignore…“.

Wenn eine der Aufgaben von Kreativität ist, echte Probleme von Menschen zu lösen, wurde hier Potenzial, etwas zu bewegen, liegengelassen. Gerade, weil im diesjährigen Cannes Report „The State of Creativity“ die Inflation als „#1 external challenge“ geführt wird.

 

TO WRAP THIS UP… zwei meiner absoluten Favorites, die ich noch nicht anbringen konnte:

The Stella Artois Probability ist ein hervorragendes Beispiel für die Frage, die man sich immer stellen sollte: How can we make it better?

Phone it in von Skinny zeigt zum einen, wie „UGC“ mit Brand Fit und Augenzwinkern geht und zum anderen, wie kontextuelle Werbung im OoH smart verlängert werden kann.

Thanks Cannes, it was a blast!

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